Wasser in einem Smartphone? Das klingt erstmal komisch. Was steckt also dahinter? Vom „ökologischen Fußabdruck" oder dem „CO2-Footprint" hat bestimmt jeder schon einmal etwas gehört. Aber das Konzept des „Water-Footprints" (auch genannt „virtuelles Wasser") ist für viele noch Neuland.
Was ist virtuelles Wasser?
Im Alltag verbraucht ein durchschnittlicher Deutscher täglich etwa 130 Liter Wasser für die Körperpflege, zum Essen kochen und zum Wäsche waschen. Diese Zahl lässt sich relativ einfach messen und nachvollziehen, da sie sich auf Wasser bezieht, dass wir quasi direkt aus dem Wasserhahn zapfen. Unser tatsächlicher Wasserverbrauch liegt aber deutlich höher. Denn bei der Berechnung des virtuellen Wasserverbrauchs wird nicht nur die direkte (sichtbare) Verwendung von Wasser berücksichtigt, sondern auch der Verbrauch an Wasser, der sich auf den ersten Blick nicht direkt erschließt.

Wir verbrauchen sehr viel mehr Wasser, als nur das aus dem Hahn gezapfte.
Virtuelles Wasser bezieht sich auf die gesamte Wassermenge, die bei der Produktion von Güternunseres täglichen Lebens sowie von Lebensmitteln anfällt. Der virtuelle Wasserverbrauch einer Tasse Kaffee beinhaltet bspw. nicht nur das Wasser, das zum Aufbrühen verwendet wird, sondern auch das zur Wässerung der Kaffeeplantagen sowie das Wasser, das während des gesamten Produktionsprozesses (Produktion des Kaffees und der Verpackung) anfällt. So landet man mit einer Tasse Kaffee bei ca. 140 Litern virtuellem Wasserverbrauch (ohne Milch!). Insgesamt verbrauchen Deutsche etwa 5300 Litervirtuelles Wasser am Tag (ca. 25 volle Badewannen) - eine Zahl also, die sich deutlich von den 130 Litern „reinen" Wasserverbrauchs unterscheidet.
Virtuelles Wasser im Smartphone
Im Bereich der Lebensmittelproduktion fällt es noch relativ leicht, sich vorzustellen, für welche Produktionsschritte Wasser benötigt wird und dass vor allem der Anbau von landwirtschaftlichen Produkten eine Bewässerung voraussetzt, die nicht in allen Anbaugebieten der Welt über den natürlichen Wasserkreislauf abgedeckt werden kann. Anders sieht es da schon bei elektronischen Konsumgütern, wie einem Smartphone, aus. Dieses besteht aus unzähligen kleinteiligen Komponenten, die von bis zu 270 unterschiedlichen Zulieferern pro Smartphone in die Produktionsstätten (i.d.R. in China) geliefert werden, wo die Smartphones zusammengesetzt werden. Allein schon diese komplexe Produktionskette macht deutlich, wie schwierig es ist, den virtuellen Wasserverbrauch für ein Smartphone zu bestimmen. Bezieht man dann noch den Rohstoffabbau der sog. Konfliktmineralien und deren Transport und Weiterverarbeitung mit ein, erscheint es fast unmöglich hier eine konkrete Zahl zu berechnen. Dementsprechend handelt es sich bei den Zahlen, die man dazu findet auch immer um Schätzwerte, die den ungefähren durchschnittlichen Wasserverbrauch angeben sollen. Ein Smartphone schlägt demnach mit einem virtuellen Wasserverbrauch von etwa 920 Litern zu Buche.
Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über den virtuellen Wasserverbrauch wichtiger Konsumgüter:
PRODUKT |
VIRTUELLER WASSERVERBRAUCH |
1 Liter Cola |
2,6 Liter |
1 A4-Blatt Papier |
10 Liter |
Mikrochip |
32 Liter |
1 Apfel |
70 Liter |
1 kg Kartoffeln |
100 Liter |
1 Glas Rotwein |
120 Liter |
1 Tasse Kaffee |
140 Liter |
1 Banane |
200 Liter |
1 Ei |
200 Liter |
Smartphone |
920 Liter |
1 Liter Milch |
1.000 Liter |
1 Schokoriegel |
2.000 Liter |
Platine |
4.100 Liter |
1 kg Schweinefleisch |
4.800 Liter |
1 kg Hühnerfleisch |
5.000 Liter |
1 Jeans |
6.000 Liter |
Baumwoll-T-Shirt |
2.700-15.000 Liter |
1 kg Rindfleisch |
15.000 Liter |
PC |
20.000 Liter |
1 kg Kakaobohnen |
27.000 Liter |
PKW (Neuwagen) |
400.000 Liter |
Tipp: Unter der folgenden Adresse finden sich Richtwerte zu weiteren Konsumgütern des täglichen Bedarfs, an denen man sich als Konsument gut orientieren kann:
http://virtuelles-wasser.de/produktgalerie.html
Bedeutung des „Water Footprints" für Unternehmen und Konsumenten
Viele Unternehmen haben sich mittlerweile das Thema Nachhaltigkeit auf die Fahne geschrieben und fokussieren dabei auch zunehmend das Thema Wasserverbrauch. Apple bspw. misst bereits den „Water Footprint" für alle seine Produkte, um Verbesserungspotenziale aufzudecken und den Wasserverbrauch sukzessive zu senken. Ein Mittel hierzu ist z.B. die Wiederverwendung von Wasser in den verschiedenen Produktionsstätten.
Auch in anderen Branchen engagieren sich Unternehmen im Bereich „Virtuelles Wasser" (z.B. Henkel, Coca-Cola). Grundsätzlich ist ein solches Engagement natürlich zu begrüßen, wenn der ermittelte Wasserverbrauch als Grundlage dient, den Wasserverbrauch des Unternehmens zu senken. Allerdings gibt es noch großen Optimierungsbedarf, was die Vergleichbarkeit solcher Berechnungeneinzelner Unternehmen angeht. Da es bisher keine standardisierte Berechnungsformel für den „Water Footprint" gibt, setzen die Unternehmen eigens definierte Berechnungsgrundlagen an. Dies wird in dem Moment problematisch, wo diese Berechnungen (z.B. für einzelne Produkte eines Unternehmens) an den Konsumenten kommuniziert werden und dieser versucht sich entsprechende Handlungsalternativen davon abzuleiten. Denn wenn das Produkt von Unternehmen A einen vielfach höheren Verbrauch an virtuellem Wasser angibt, als das vergleichbare Produkt von Unternehmen B, könnte das schnell zu einer Fehlinterpretation führen. Für den Konsumenten ist nicht ersichtlich, welche Berechnungsgrundlage sich hinter den jeweiligen Angaben verbirgt, sodass er nicht wissen kann, dass Produkt B nicht zwangsweise einen schlechteren „Water Footprint" haben muss. Da die Zahlen aber genau das auf den ersten Blick aussagen, wird sich der Konsument auch daran orientieren.
Das Beispiel zeigt, dass es zukünftig noch viel zu tun gibt. Erst wenn sich alle Beteiligten (Unternehmen und Konsumenten) intensiv mit der Thematik auseinandersetzen, wird es auch möglich sein, ein Umdenken anzustoßen und neue Wege zu beschreiten. Hierzu müssen aber einheitliche Standardsmanifestiert werden, die dem Konsumenten die Chance geben, transparente Angaben zum virtuellen Wasserverbrauch einzelner Produkte zu bekommen. Ein mögliches Hilfsmittel könnte hierbei die Entwicklung eines Labels sein, das den Konsumenten auf einen Blick über den „Water Footprint" des jeweiligen Produktes aufklärt. Allerdings erscheint dies bei der derzeitigen „Flut" an Labeln im deutschen Handel eher kontraproduktiv. Ein weiteres Label würde den Konsumenten vermutlich nur noch mehr verunsichern. Sollte es irgendwann möglich sein, ein kombiniertes Nachhaltigkeits-Label zu entwerfen, könnte das den „Label-Jungle" entlasten und auch in Bezug auf das Thema „Virtuelles Wasser" zielführend sein. Bis dahin bleibt den Konsumenten sicherlich nichts anderes übrig, als sich an den bestehenden Angaben zu orientieren.
Wie kann man virtuelles Wasser sparen?
Trotz einer fehlenden Standardisierung der Berechnung eines „Water Footprints", gibt es wirkungsvolle Optionen, wie man als Konsument seinen persönlichen Verbrauch an virtuellem Wasser senken kann. Bezogen auf Lebensmittel ist das sogar relativ einfach. Grundsätzlich verursacht die Fleischproduktion z.B. einen erheblich größeren Wasserverbrauch, als die Produktion pflanzlicher Lebensmittel. So verbraucht die Produktion von einem Kilogramm Weizen bspw. nur 1300 Liter Wasser, im Gegensatz zu einem Kilogramm Rindfleisch, das mit 15.000 Litern Wasser (ca. 75 volle Badewannen) zu Buche schlägt. Als Vegetarier hat man also automatisch einen deutlich geringeren Wasserverbrauch. Wem dieser Schritt zu radikal erscheint, der sollte zumindest über eine Reduzierung seines Fleischkonsums nachdenken. Ähnlich hoch wie beim Rindfleisch ist der virtuelle Wasserverbrauch bei Schokolade. Für ein Kilogramm Kakaobohnen werden 27.000 Liter Wasser benötigt (ca. 2000 Liter für einen einzigen Schokoriegel). Sich an dieser Stelle einzuschränken, sollte nicht nur aus Sicht eines geringeren Wasserverbrauchs anstrebenswert erscheinen. Zusätzlich weisen natürlich importierte Lebensmittel einen deutlich höheren Wasserverbrauch auf, als Lebensmittel aus dem eigenen Land. Wenn die Lebensmittel dann auch noch aus Gebieten importiert werden, in denen künstlich bewässert werden muss, steigt der Wasserverbrauch noch einmal um ein Vielfaches. Deshalb wirkt es sich immer positiv auf den eigenen „Water Footprint" aus, wenn man nicht nur regional, sondern v.a. auch saisonal einkauft und konsumiert (z.B. Verzicht auf Erdbeeren im Winter, etc.).

In einem Kilogramm Rindfleisch stecken ca. 15.000 Liter virtuelles Wasser.
Bezogen auf elektronische Geräte und speziell Smartphones, ist es nicht ganz so einfach. Aber natürlich hat man auch hier als Konsument einige Handlungsoptionen, die sich positiv auf den Wasserverbrauch auswirken. Zum einen sollte man ernsthaft darüber nachdenken, ob es jedes Mal ein neues Smartphone sein muss, oder ob nicht vielleicht auch ein gutes Gebrauchtes reicht. Damit werden der gesamte Produktionsprozess und die damit verbundene Wasserverschwendung eingespart. Sollte dies nicht in Frage kommen, ist es zumindest sinnvoll sein Smartphone möglichst lange zu nutzen und nicht gleich beim ersten kleinen Defekt direkt zu ersetzen. Viele Schäden können mit relativ geringem Zeit- und Kostenaufwand selbst oder in einer entsprechenden Werkstatt repariert werden.
Folgen des steigenden Wasserverbrauchs
Trinkwasser wird auf unserem Planeten zunehmend knapp. Wir entnehmen der Natur permanent mehr Wasser, als sie durch ihr natürliches Kreislaufsystem bereitstellen kann und bringen unser natürliches Ökosystem damit immer weiter an seine Grenzen. Bereits heute haben etwa eine Milliarde Menschen weltweit keinen Zugang zu sauberem Wasser. Derzeit betrifft das Problem v.a. Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern. Doch in absehbarer Zeit werden auch Regionen, die heute augenscheinlich noch in einem Überfluss an Trinkwasser leben, von dem Mangel betroffen sein, sollte sich die Wasserverschwendung weiterhin so negativ entwickeln. Da Wasser die Grundvoraussetzung allen Lebens ist, besteht kein Zweifel daran, dass die zunehmende Wasserknappheit eine echte Bedrohungdarstellt. Eine globale Wasserkrise erscheint unabwendbar, wenn die Wasserressourcen weiterhin so unbedacht verschwendet werden.
Tipp: Teste mit Hilfe eines Verbrauchs-Rechners, wie hoch dein virtueller Wasserkonsum ist.
Verbrauchsrechner zum virtuellen Wasser-Konsum